Minderheiten haben auch im Profifußball mehr und mehr Platz

Auch in einer liberalen Gesellschaft wie der deutschen gibt es noch Horte der Diskrimierung und Ausgrenzung von Minderheiten, auch wenn wir im Vergleich zu anderen Ländern in fast paradiesischen Zuständen leben. Der Profi-Fußball (der Männer) war bisher ein solcher Ort, in dessen Niederungen man sich hierzulande Schritt für Schritt an einen normalen Umgang mit Minderheiten erkämpft hat. Keine leichte Aufgabe, wie man immer wieder an Berichten über Beschimpfungen und Beleidigungen ausländischer Spieler oder solchen mit anderer Hautfarbe merkt. In der Bundesliga ist man trotz vereinzelter Aussetzer in diversen Fanblöcken schon weit gekommen, in den unteren Ligen wird es wahrscheinlich noch ein bisschen länger dauern.

Homosexualität? Nicht doch im Fußball!

Während ausländische Spieler inzwischen in den meisten Clubs ihrem Tagwerk nachgehen können, ohne sich von irgendwelchen Hirnis beschimpfen lassen zu müssen, hat die Öffentlichkeit bisher mit Verwunderung festgestellt, dass eine Minderheit im Profi-Fußball der Männer gar nicht existent zu sein scheint: Homosexuelle Fußballer. Angesichts der statistischen Häufigkeit der Homosexualität in unserer Gesellschaft war immer klar, dass der Fußball nicht auf wundersame Weise eine unberührte Insel der Heterosexualität sein konnte, sondern dass Profifußballer offenbar bis zuletzt nicht bereit waren, sich öffentlich zu ihrer sexuellen Ausrichtung zu bekennen.

Wüste Bedrohungsszenarien wurden aufgemacht, manch Spieler und Trainer ließen verlautbaren, dass angesichts der harten Männerwelt des Fußballs, in dem Ideale wie Stärke, Durchsetzungskraft und strotzendes Selbstbewusstsein zählen, ein Outing einem glatten Selbstmord gleichkäme. Die Fans würden sich auf einzelne homosexuelle Spieler einschießen und diese mit Schmährufen bedenken. Sowas sei keinem homosexuellen Spieler zu raten, die Risiken eines Outings wäre viel zu groß, sollen sie doch lieber das Spiel mitspielen und ihre sexuelle Identität geheim im Darkroom ausleben, pfui bäh. Gerüchte machten immer wieder die Runde, dass es natürlich wie überall sonst auch homosexuelle Spieler gäbe, auch in der Bundesliga und der Nationalmannschaft, diese aber nach außen das Bild des harten Mannes mit bildhübscher Freundin aufrechterhielten, um bloß keine Mutmaßungen aufkommen zu lassen, auch wenn die Frauen die Rolle nur für öffentliche Auftritte spielten.

Puh, möchte man sagen. Puh! Was für ein anstrengender kleiner Kosmos, in dem solche Scharaden nötig sind und sich Menschen bis zur Unkenntlichkeit verbiegen müssen, um für die Öffentlichkeit ein Bild aufrechtzuerhalten, das ihnen gar nicht entspricht. Wie anstrengend! Damit sei nicht gesagt, dass jeder Homosexuelle unbedingt sein Leben in der Öffentlichkeit ausbreiten soll, wenn sich jemand dafür entscheidet, seine sexuelle Identität geheimzuhalten, ist das allein seine Sache. Wenn er aber gezwungen ist, über Jahre ein kleines Theaterstück aufzuführen, aus Angst, dass seine Karriere in Gefahr gerät oder er wüsten Beleidigungen ausgesetzt sein könnte, ist das – vorsichtig ausgedrückt – ungesund und einer liberalen Gesellschaft unwürdig.

Danke, Thomas Hitzlsperger

Aber der Bann scheint, hoffentlich nicht nur für einen kurzen Augenblick, gebrochen, denn endlich, ENDLICH, hat sich mit Thomas Hitzlsperger der erste prominente Profifußballer in Deutschland geoutet. Zwar hat auch er das Ende seiner aktiven Karriere schon hinter sich, aber sein Outing bietet die wertvolle Chance, dass andere Spieler – vielleicht auch aktive – seinem Beispiel folgen und Homosexualität im Profifußball schon bald zur Normalität wird wie beim Aldi um die Ecke. In einem Interview mit der ZEIT sagt Hitzlsperger: „Ich äußere mich zu meiner Homosexualität, weil ich die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern voranbringen möchte“

Der 31-Jährige spricht auch von den Widersprüchen, die im Fußball noch herrschen, vom Gegensatz des Bildes vom starken, kampfeswilligen Hetero auf der einen und dem schwachen, weichen Homo auf der anderen Seite. In dem Sport werde Homosexualität praktisch vollkommen ignoriert, er selbst kenne keinen Spieler persönlich, der das zu seinem Thema gemacht habe.

Hoffentlich ist das nur der Anfang und weitere Spieler folgen in der nächsten Zeit, sonst bleibt es nur bei einem kurzen Strohfeuer und danach gehen alle wieder in Deckung. Mein allergrößter Respekt gilt Thomas Hitzlsperger für seinen ersten Schritt und seinen Mut, vielleicht werden jetzt endlich auch noch die letzten Bastionen des uralten Denkens erobert. Unser Mann für das Bundesverdienstkreuz!

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