Gigantische Fleischproduktion führt immer wieder zu Problemen
Verstörendes von der Globalisierungsfront: Die Reporter von ZDF Zoom haben den Weg verfolgt, den die bei uns anfallenden Hähnchenreste der Fleischproduktion nehmen. Der Fleischatlas hat uns ja vor Augen geführt, dass der Fleischkonsum und damit die Zahl der getöteten Tiere in Deutschland, von manchen liebevoll das „Schlachthaus Europas“ genannt, irrwitzige Ausmaße erreicht hat.
Unsere Schlachtabfälle werden für Spottpreise nach Afrika exportiert
Rund 630 Millionen Hühner werden hierzulande jedes Jahr geschlachtet, eine Menge, die überhaupt nicht vorstellbar ist und angenehm abstrakt bleibt, weil der Verbraucher nur zum nett abgepackten Fleisch in der Kühltheke greifen muss. Über die Probleme, die sich im Rahmen der Produktion von hunderten Millionen Tonnen Fleisch ergeben (z. B. der sorglose Umgang mit Medikamenten), haben wir schon mehrmals berichtet – an Nachhaltigkeit ist bei diesen gigantischen Zahlen nicht zu denken.
Aber die ZDF-Reportage richtet den Blick mal auf die andere Seite der Produktionskette, bei der keiner mehr so genau hinguckt. Was passiert eigentlich mit den Teilen der 630 Millionen Hühner, die wir Deutschen gar nicht oder nur zu einem verschwindend geringen Anteil essen? Die meisten Verbraucher greifen ja nur zu Brust, Flügeln oder Keulen, was passiert also mit Hühnerfüßen, zum Beispiel, oder Hälsen, Innereien? Ganze Hähnchen sind hierzulande ein absoluter Ladenhüter, ein großer Teil der Tiere wird vor dem Kauf zerteilt, sodass oft nur die gefragten Teile in den Handel kommen.
Fleischproduzenten sparen sich Entsorgungskosten
Da die Abnehmer für die „Hähnchenreste“ in Europa eher in geringer Zahl zu finden sind und die Industrie die Entsorgung der unerwünschten Teile zu hohen Kosten übernehmen müsste, fügt es sich prima, dass es nach Recherchen der Reporter auch für die hier anfallenden Abfälle einen Markt gibt, nämlich in Afrika, 5000 Kilometer entfernt. Besonders viel Geld lässt sich mit dem Verkauf der Schlachtabfälle zwar nicht verdienen, aber für die Bilanz ist es natürlich trotzdem von Vorteil, wenn wenigstens die Entsorgungskosten wegfallen – da lohnt sich auch der Transport über mehrere tausend Kilometer. Im Titel der Reportage heißt es deshalb treffend „Das Geschäft mit unserem Abfall“. Allein im Jahr 2012 sollen allein aus Deutschland über 42 Millionen Kilo Hähnchenreste an westafrikanische Länder geliefert worden sein.
Nachhaltigkeit? Fehlanzeige! Entwicklungspolitik wird durch Fleischdumping völlig ineffizient
Die Reportage kommentiert das bunte Treiben, das nicht allein Hühner betrifft, so: „Was wir in Deutschland nicht essen wollen, landet auf Afrikas Straßenmärkten.“ Für die Hersteller ein lohnendes Geschäft, und auch wir Verbraucher haben etwas davon, weil die Unternehmen Kosten sparen und die Preise fürs Geflügel bei uns rekordverdächtig niedrig sind. Für die Menschen in Westafrika aber leider nicht unproblematisch. Durch die Dumping-Preise, die durch das Überschwemmen des Marktes mit zig Millionen Tonnen Hähnchenreste entstehen, lohnt sich die Gefügelproduktion vor Ort nicht. Gegen das europäische, mit Steuergeld geförderte Fleisch haben die lokalen Erzeuger keine Chance und müssen ihr Geld auf andere Weise verdienen. So wird die Entwicklungspolitik auf den Kopf gestellt, hier werden Armut und Abhängigkeit exportiert, eine nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen ist so kaum möglich.
Gesundheitlich sind Fleischreste mehr als bedenklich
Aber auch mit Blick auf die Gesundheit der Menschen in Afrika ist der Handel mit den Fleischresten bedenklich. Im heißen Klima der afikanischen Länder ist an eine geschlossene Kühlkette nicht zu denken, wegen häufiger Stromausfälle taut das Fleisch oft schon während der Lagerung auf und wird dann z. T. noch mehrere Tage ohne Kühlung ins Landesinnere transportiert und dort verkauft, von Lebensmittelhygiene kann keine Rede sein. Um die Keimbelastung der in Afrika im Handel erhältlichen Hühnerteile beurteilen zu können, haben die ZDF-Reporter verschiedene Fleischproben testen lassen. Das Ergebnis: Fast alle Proben waren verdorben und erheblich mit Keimen belastet, die hier üblichen Richtwerte für Keime wurden massiv überschritten, in Deutschland würde man solches Fleisch wahrscheinlich nicht mal dem Haustier geben.
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