Hirnforscher spricht über Abkehr vom materiellen Konsumdenken
Wir sind im Netz über ein interessantes Video von einem Vortrag des Hirnforschers und Neurobiologen Prof. Gerald Hüther gestoßen, der über die Frage spricht, ob eine Abkehr vom materiellen Konsumdenken möglich ist und welche Mechanismen hierbei im Hirn relevant sind.
Menschheit steuert sehenden Auges auf den Untergang zu und tut… nichts
Hüther spricht in seinem Vortrag davon, dass gerade der Versuch des Menschen, seine Lebenswelt nach seinen eigenen Vorstellungen zu verbessern, ihm eine Vielzahl noch nie da gewesener und globaler Probleme beschert habe, die sein Überleben bedrohen und die mithilfe der bisher gängigen Denkmuster nicht lösbar sind. Auf der einen Seite ist der Mensch zwar in der Lage, den genetischen Code bis ins letzte Detail zu entschlüsseln und mithilfe wilder physikalischer Experimente dem „Gottesteilchen“ auf die Spur zu kommen, aber den ganz akuten Problemen, die sich mit der Nachhaltigkeitsdiskussion verbinden, wie Klimawandel, Artensterben, Armut etc., stehen wir weiterhin einigermaßen hilflos gegenüber – ein Umdenken scheint den Menschen nicht möglich.
Hier setzt die Hirnforschung an, denn es ist ein großes Rätsel, warum mehr oder weniger vernunftbegabte Wesen wie die Menschen sehenden Auges in den eigenen Untergang schliddern und nur wenig dagegen tun! Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen, und wissen das eigentlich irgendwie auch… Wer das Spiel von außen betrachtet, kann da nur den Kopf schütteln. Das Kernproblem beim Umdenken besteht nach Hüther darin, dass der Mensch nur schlecht in der Lage ist, seine gängigen Lebensweisen und Lösungsmechanismen in Frage zu stellen und sich aus eingefahrenen Mustern zu befreien, was für einen Richtungswechsel hin zu mehr Nachhaltigkeit leider notwendig ist.
Konsum dient den Menschen vor allem der Ersatzbefriedigung
Angesichts von sozialen Experimenten mit Kleinkindern kann man laut Hüther davon ausgehen, dass keiner von uns als unvernünftiger Konsument oder als rücksichtsloser Egozentriker zur Welt kommt. Stattdessen entsteht das Verhalten, dass uns heute daran hindert, nachhaltiger und im Einklang mit Mensch, Tier und Natur zu leben, im Laufe der Kindheit, und das früher als man bisher oft dachte. Während sechs Monate alte Kinder üblicherweise keine Sympathie für asoziales oder rücksichtsloses Verhalten zeigen, kann man schon bei Einjährigen diesbezügliche Tendenzen entdecken, das wurde in entsprechenden Experimenten festgestellt.
Und wo kommen diese Verhaltensänderungen her? Schließlich können derart kleine Kinder noch nicht mal sprechen. Sie entstehen durch die Beobachtung von Bezugspersonen im Familiensystem, so Hüther. Bei diesen Kindern müsse es im Familiensystem eine Person geben, der es gelungen ist, sich auf Kosten einer anderen Person sehr erfolgreich durchzusetzen – ein Vorbild, das schon solch kleine Kinder dann nachahmen.
Dreh- und Angelpunkt für die Verhaltensänderung und die Abkehr vom Konsum ist aus Sicht der Hirnforschung die Begeisterung. Menschen lernen dann dazu und engagieren sich für etwas, auch noch bis ins hohe Alter, wenn sie sich für etwas begeistern und die entsprechenden Hirnregionen stimuliert werden und wachsen. In diesen Fällen werden Mechanismen im Gehirn aktiv, die dem Menschen ein positives Gefühl geben, während verschiedene Botenstoffe das Gehirn fluten, z. B. Dopamin. In unserer heutigen Zeit übernehmen diese Begeisterung allerdings schwerpunktmäßig verschiedenste Ersatzbefriedigungen, der Konsum von allerlei Produkten, Hüther spricht an dieser Stelle von „Consumerism“.
Für Hüther steht fest: Es gibt eine ganze Industrie, die nur darauf wartet, dass es möglichst viele Menschen mit möglichst vielen ungestillten Bedürfnissen gibt, weil genau diese die Wirtschaft durch andauernden Konsum am Laufen halten. Unglückliche Menschen sind für die entsprechenden Unternehmen ein Segen, weil es sonst gar nicht die vielen Konsumenten gäbe, die „den ganzen Schrott kaufen würden, denn kein Mensch braucht, wenn es ihnen gut geht“.
Interessanter Gedanke, der hier natürlich deutlich gerafft wurde, mehr dazu gibt’s im Video von der Veranstaltung.
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