Armut als ein Thema der sozialen Nachhaltigkeit auch in Deutschland problematisch
Beim Thema Nachhaltigkeit denken die meisten Menschen zuerst an Dinge wie Klimawandel, Tierschutz, Umweltschutz, Artensterben – was gut ist, denn hier gibt es viel zu tun. Was jedoch manchmal übersehen wird, ist die soziale Dimension der Nachhaltigkeit, die sich weniger um Umwelt und Naturschutz, sondern mehr um Dinge wie Armut, Chancengerechtigkeit, soziale Aufstiegsmöglichkeiten und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben dreht.
Armut wird schnell zum sozialen Sprengsatz einer Gesellschaft
Auch wir haben zugegebenermaßen meist Themen im Blick, die aus dem Bereich der Ökologie stammen, aber heute wollen wir auch mal den Blick auf ein drängendes Problem im sozialen Bereich lenken, das vielen Menschen hierzulande schwer zu schaffen macht – und zwar ganz konkret, wahrscheinlich konkreter als Fragen des Klimawandels oder des Artensterbens. Wir richten den Fokus in diesem Blog-Beitrag auf die Armut in Deutschland.
Armut, wenn sie nicht innerhalb gewisser Grenzen gehalten wird, wird schnell zum Sprengsatz innerhalb einer Gesellschaft – hier liegt die Verantwortung der Politik, die soziale Nachhaltigkeit nicht aus den Augen zu verlieren. Am Ende sitzen sonst die Reichen in schicken sog. „Gated Communities“ mit Überwachungskameras und Sicherheitsdiensten, während die armen Menschen in irgendwelchen Problemvierteln sich selbst überlassen bleiben.
In Deutschland sind wir, eine große soziale Errungenschaft, von solchen Zuständen zum Glück weit entfernt, die Bindungskräfte in unserer Gesellschaft haben bisher gut funktioniert, auch Dank einer klugen Politik. Aber wie ist der Stand hierzulande?
Rund jeder siebte Haushalt in Deutschland arm oder von Armut bedroht
Nach Angaben von Sozialverbänden gilt in Deutschland jeder siebte Haushalt als arm oder armutsgefährdet – mit steigender Tendenz. Was auf den ersten Blick widersinnig scheint, weil wir ja fast täglich in den Medien lesen dürfen, dass Deutschland als Insel der Seligen in Europa ein kleines Jobwunder durchlebt und die Zahl der Arbeitsplätze bei uns immer neue Höhen erklimmt.
Trotzdem scheinen sich Armut und vorhandene Arbeitsplätze irgendwie entkoppelt zu haben, jedenfalls wenn man den Zahlen der Wohlfahrtsverbände Glauben schenkt. Nach Angaben des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, der gerade erst den Bericht zur regionalen Armutsentwicklung 2013 veröffentlicht hat, liegt die Armutsquote in Deutschland momentan bei rund 15,2 Prozent und ist seit dem Jahr 2006 kontinuierlich gestiegen. Beim Verband spricht man von einem „neuerlichen, traurigen Rekordhoch„.
Die Armut in Deutschland ist regional ganz unterschiedlich verteilt
Dabei ist die Armut in Deutschland regional sehr unterschiedlich verteilt, die Rede ist von einem „nicht nur sozial, sondern auch regional tief zerrissenem Land“. Die Datenreihen zeigen laut Verband soziale Trends, die je nach Bundesland ein gänzlich anderes Bild zeichnen: „Mehrjährig positive Trends in Mecklenburg-Vorpommern oder Thüringen sind 2012 zum Erliegen gekommen, positive Trends in Brandenburg oder Hamburg scheinen sich nun endgültig gedreht zu haben. Während die Länder mit vergleichsweise sehr niedrigen Armutsquoten – Baden-Württemberg und Bayern – ihre Position noch einmal verbessern konnten, verschlechterte sich zugleich die Situation bei denjenigen Ländern, die ohnehin mit Armutsquoten von über 20 Prozent weit abgeschlagen waren: Sachsen-Anhalt, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen.“
Verbände sprechen von einer Amerikanisierung des Arbeitsmarkts
Aber wie erklärt sich der Verband nun diese klaffende Wunde in der sozialen Nachhaltigkeit unserer Gesellschaft bei gleichzeitig verkündetem Jobwunder, die darauf hinweist, dass wesentliche Teile vom öffentlichen Leben mit all seinen Ausgaben und Kosten abgeschnitten sind.
Für die Experten des Paritätischen Wohlfahrtsverbands ist hierfür vor allem eine zunehmende „Amerikanisierung des Arbeitsmarkts“ verantwortlich zu machen. Die Zahl der Jobs nimmt demnach zwar weiter zu, die Zugewinne gehen allerdings insbesondere auf schlecht bezahlte und unsichere Jobs zurück, die nicht zu einem ausreichenden Einkommen führen.
Viele Menschen müssen trotz Arbeit aufstocken und leben am Existenzminimum
Während auf der einen Seite Akademiker oder Facharbeiter, z. B. in der Automobilindustrie, sehr gut verdienen und sich um die Risiken einer drohenden Arbeitslosigkeit kaum Gedanken machen müssen, krebsen eben auch viele Menschen mit Löhnen weit unter 8,50 Euro/Stunde und Aufstockung durch das Arbeitsamt am Existenzminimum – eine Entwicklung, die ja von der Politik längst erkannt wurde und z. B. durch die Einführung des Mindestlohns aufgefangen werden soll.
Zugegebenermaßen sind die gezeichneten Szenarien und Meldungen der Wohlfahrtsverbände immer auch mit einem gewissen Maß an Vorsicht zu betrachten, schließlich ergibt sich ihre Daseinsberechtigung aus den bestehenden Ungleichheiten und sozialen Problemen in unserer Gesellschaft. Trotzdem ist der Befund zum aktuellen Armutsbericht wohl absolut ernst zu nehmen: „Die sozialen und regionalen Fliehkräfte, gemessen an der Einkommensspreizung, nehmen seit 2006 in Deutschland dramatisch zu. Deutschland steht vor der Zerreißprobe.“
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