25 Zentimeter Wal-Ohrenschmalz für die Wissenschaft

Wie weit ist thematisch der Weg vom Ohrenschmalz zur Verschmutzung unserer Meere? Nicht so weit, zumindest wenn es sich um das Ohrenschmalz eines Blauwals handelt, und da gibt es offensichtlich mit dem richtigen Werkzeug (Q-Tip?) einiges zu holen… US-Forscher wollten sich den Ohrenschmalz der Wale genauer anschauen und haben dafür aus dem Gehörgang eines toten Blauwals einen 25 Zentimeter langen Schmalzpropfen entfernt. Wie die Forscher herausgefunden haben (veröffentlicht wurden die Ergebnisse im Fachblatt „Proceedings of the National Academy of Sciences”), kann man aus den unterschiedlichen Schichten eines solchen Pfropfens ähnlich gut Informationen ablesen wie aus den Jahresringen eines gefällten Baums – bis hin zur Schadstoffbelastung der Meere, dem Stresslevel und dem Einsetzen der Geschlechtsreife der Meeressäuger. Im Laufe des Lebens sammelt sich bei den Walen das Ohrenschmalz kontinuierlich an und bildet dabei abwechselnd helle und dunkle Schichten, die man dann gut dem Alter der Tiere zuordnen kann. Schicht für Schicht kann man sich so in der Lebensgeschichte der Wale vorarbeiten und schauen, welchen besonderen Einflüssen sie ausgesetzt waren.

Von Umweltverschmutzung bis zur Muttermilch durch die Lebensgeschichte

Im konkreten Fall konnten die Forscher schließen, dass der Blauwal knapp zwölf Jahre alt war, als er durch eine Kollision mit einem Schiff starb. Aufgrund einer hohen Konzentration von Testosteron und Cortisol in bestimmten Schichten nahmen die Forscher außerdem an, dass er mit etwa zehn Jahren geschlechtsreif wurde. Einige andere Stoffen wiesen zudem darauf hin, dass der Säuger vor allen während seines ersten Lebensjahres, während er noch von seiner Mutter gestillt wurde, einer Reihe von Pestiziden ausgesetzt war, die vermutlich über die Milch von der Mutter übertragen wurden.

Da Blauwale bis zu 90 Jahre alt werden können und im Laufe ihres Lebens die verschiedensten Stoffe aus ihrer Umwelt aufnehmen, bezeichnet einer der Autoren die Tiere auch als „Wächter ihres Ökosystems“. Der große Vorteil der Untersuchung des Ohrenschmalzes liegt in der zeitlichen Zuordnung der gesammelten Stoffe. Bei den üblicherweise vorgenommenen Untersuchungen des Fettgewebes der Säuger lässt sich nur die gesamte Belastung mit bestimmten Stoffen messen – wann diese auf den Organismus eingewirkt haben, lässt sich dann nicht mehr erkennen.

Über das Ohrenschmalz selbst haben die Forscher gesagt, dass es „pretty heavy, and strong and resilient“ sei, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass es zum Großteil aus Keratin (dem wesentlichen Stoff unserer Haare und Nägel) und Lipiden besteht. Im Übrigen riecht es wohl auch nicht besonders gut, beim Rausziehen des Propfens seien einige Mitglieder des Forscherteams lieber gegangen…

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