Ein Einblick in die großen Fragen unserer Zeit
Das hat jedenfalls Bill Gates über Vaclav Smith gesagt, mit dem das Magazin „Wired“ gerade ein Interview über die großen Fragen unserer Zeit veröffentlicht hat. “There is no author whose books I look forward to more than Vaclav Smil“ hat Bill Gates über dieses Jahr über den Mann geschrieben, und dank eines Hinweises einer Leserin unseres Blogs sind wir auf das spannende Interview gestoßen.
Smith ist Professor emeritus für Umwelt und Geographie an der University of Manitoba und dieser blitzgescheite Mann hat in der Vergangenheit zahlreiche Bücher über die großen Fragen unserer Zeit veröffentlicht, zur Zukunft unserer Energieversorgung, der Lebensmittelproduktion oder der Fertigung von Produkten in der Dritten Welt.
Wenn die Fertigung ins Ausland wandert, leidet die Innovationsfähigkeit
Schon früher hat sich Smith mit den Folgen beschäftigt, die es für Industrienationen haben kann, wenn sie die Fertigung von Produkten in andere Länder auslagern, weil es dort billiger ist. Den Kostenvorteilen stehen seiner Meinung nach schwerwiegende Konsequenzen für die gesellschaftliche Entwicklung und die Innovationsfähigkeit von Ländern gegenüber. Denn zum einen sei die Fertigung üblicherweise die Lebensgrundlage für einen großen Teil der unteren Mittelschicht, die dann ohne Einkommen da stehe, was zu einer Polarisierung innerhalb der Gesellschaft führe. Zum anderen sei die Fertigung von Produkten aber auch ein Treiber für Innovationen, weil produzierende Unternehmen versuchten, auf Basis ihrer bestehenden Produkte ihren Absatz auszuweiten, ihre Produkte zu verbessern oder effizienter zu arbeiten. „Innovation always starts with a product“, so Smith.
Als Ausdruck des schleichenden Verlusts der Innovationsfähigkeit sieht Smith z. B. die zahlreichen Probleme, die Boeing derzeit mit seinem neu entwickelten Dreamliner hat. Grund hierfür sei, dass die Entwicklung des Flugzeugs um die ganze Welt passiere, es handele sich nicht um ein US-Produkt, die einzelnen Teile würden nur noch in den USA zusammengebaut. Zwei Länder sieht Smith wegen ihrer praxisnahen Ausbildung der Lehre in den Betrieben als positive Beispiele, wie fertigende Unternehmen und der Produktionssektor stark bleiben können: Deutschland und die Schweiz.
Niedrige Lohnkosten in Entwicklungsländern sind für Smith kein Argument
Das oft gehörte Argument von großen Unternehmen, dass sie ihre Produkte in Entwicklungsländern fertigen lassen müssten, weil dort die Lohnkosten niedriger seien, lässt Smith nicht gelten und führt hierfür als Beispiel das iPhone von Apple an. Angesichts der immensen Gewinnmargen von Apple könnte das Unternehmen seine Smartphones locker in den USA zusammenbauen lassen, ohne wesentlich an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Das iPhone werde nicht in China gefertigt, es werde dort nur aus Teilen zusammengebaut, die aus den USA, Deutschland, Japan oder Südkorea stammten, wodurch die Lohnkosten eher eine geringe Rolle spielten. Apple und seine Verehrung durch die Kunden sieht Smith ohnehin ausgesprochen kritisch und kann den Hype um die Produkte nicht nachvollziehen: „No taxes paid, everything made abroad—yet everyone worships them. This new iPhone, there’s nothing new in it. Just a golden color. What the hell, right? When people start playing with color, you know they’re played out.“
Ähnliche Argumente zur Fertigung im Ausland werden ja auch immer ins Feld geführt, wenn über nachhaltige Kleidung und die Frage gesprochen wird, ob es wirklich nötig sei, Klamotten in Vietnam oder Bangladesch zu Hungerlöhnen zusammennageln zu lassen, weil sich unsere Konsumenten die Sachen sonst nicht mehr leisten könnten. Auch hier wurde schon mehrfach festgestellt, dass die Zahlung angemessener Löhne nur einen geringen Einfluss auf die Endpreise der Klamotten hat, weil hierfür andere Kostenblöcke die wesentliche Rolle spielen und am Ende die Produkte nur ein paar Cent teurer wären – was den Konsumenten hierzulande sicher zuzumuten wäre…
Umweltschutz – Wir sind gemeinsam auf dem ewig laufenden Konsumkarussell
Beim Thema Umweltschutz sieht Smith vor allem unseren Hang zu immer mehr Konsum als Problem, der Einsparungen bei Schadstoffen oder einer effizienteren Produktion entgegenlaufe. Durch Innovationen würde es uns zwar gelingen, heute viel energieeffizienter zu produzieren und sparsamere Produkte zu bauen, aber da alle Menschen immer mehr konsumieren wollen, brächten die Einsparungen und Fortschritte herzlich wenig. „As long as we’re on this endless material cycle, this merry-go-round, well, technical innovation cannot keep pace.“
Potenzial für mehr Umweltschutz biete vor allem ein reduzierter Fleischkonsum, so Smith, ein Thema, mit dem wir uns ja auch schon diverse Male beschäftigt haben. Wir alle wissen es, aber kaum einer ist bereit, sich einzuschränken. „We pour all this energy into growing corn and soybeans, and then we put all that into rearing animals while feeding them antibiotics. And then we throw away 40 percent of the food we produce“, so Smith. Dabei sieht er allerdings kein generelles Problem darin, Fleisch zu essen. Aber die Menge macht eben wie so oft den Unterschied. Fleich zu essen ist OK, aber jeden Tag einen Hamburger, ein Schnitzel oder ein Steak zu vertilgen bekommt uns, der Umwelt und dem Planeten eben schlecht.
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