Schrei vor Glück? Viele Mitarbeiter wohl eher nicht

Dass bei Zalando nicht alles rosig aussieht, war ja schon bekannt, jetzt werfen die Berichte einer RTL-Reporterin nochmal einen neuen Schatten auf die Geschäftspraktiken des schnell wachsenden Onlinehändlers. Die Reporterin hatte, unterstützt von Enthüllungsjournalist Günter Wallraff undercover drei Monate in einem Logistikzentrum von Zalando in Erfurt gearbeitet und mit versteckter Kamera gedreht, nach ihren Angaben verstößt das Unternehmen massiv gegen das Arbeitsrecht. Ist das schnelle Wachstum nur möglich, weil es systematisch zu Lasten der Beschäftigten stattfindet?

Pausen werden nicht gern gesehen, Spitzeln wird gefördert

RTL berichtet, dass in dem Lager in Thüringen rund 2000 Mitarbeiter für 8,79 Euro pro Stunde arbeiten, damit liegen sie knapp über dem jüngst festgesetzten gesetzlichen Mindestlohn – immerhin. Die Arbeitsbedingungen sind offenbar teilweise von Druck und Schikane geprägt, die Mitarbeiter legen oft viele Kilometer Wegstrecke während der Arbeit zurück. Hinsetzen werde von den Teamleitern nicht gerne gesehen, es sei zwar nicht verboten, aber wer bei der kleinen Pause erwischt wird, muss sich zum Teamleiter zitieren lassen. Die RTL-Reporterin sagt über ihre Arbeit: „Die Füße und Knie taten teils so weh, dass ich mich setzen musste“ und „Wer unbequem ist, wird entsorgt“.

Über die Scannerdaten werde die Bewegung der Mitarbeiter kontrolliert, wenn zwischen zwei Stationen im Lager zu viel Zeit liegt, gebe es sofort Stress. Laut RTL-Bericht dürfen die Mitarbeiter zum Teil nicht mal miteinander reden. Besonders bedenklich: Bei Zalando vergehe kaum ein Tag, an dem kein Rettungswagen angefordert wird. Einen Betriebsrat gibt es nicht, das Spitzeln unter den Mitarbeitern wird offenbar von Zalando gefördert. Es gebe Prämien für diejenigen, die einen Diebstahl melden, das Spitzeln sei außerdem hilfreich bei der Beförderung.

Zalando wehrt sich mal wieder gegen die neuen Vorwürfe

Inzwischen hat sich aus der Reportage ein juristisches Nachspiel entwickelt. Nach Angaben des Handelsblatts habe es einen Polizeieinsatz gegeben, als die Tarnung der Reporterin aufflog. Das Unternehmen habe Anzeige wegen des Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen erstattet, weil man nicht zulassen könne, dass unternehmensinterne „Prozesse und Systeme“ auf Film verfügbar sind. Genau, hier hat man den Kern des Problems gut erkannt. Wenn Zalando vielleicht aus den immer wiederkehrenden Berichten über unerträgliche Arbeitsbedinungen lernen und was an seinen Geschäftspraktiken ändern würde, müsste man sich auch nicht Sorgen machen, dass jemand mit der Kamera in den Laden spaziert.

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